hr-online: Sabine Falkenberg liest Fontane
Perfekte Stimmenbesetzung
Theodor Fontane "Irrungen, Wirrungen"
Als Theodor Fontane 1887 "Irrungen, Wirrungen" als "Berliner Alltagsgeschichte" in der Vossischen Zeitung veröffentlichte, stieß seine Geschichte nicht überall auf Gegenliebe. Handelt der Roman doch von einer nicht standesgemäßen Beziehung einer Näherin und eines Barons.
Doch das allein war nicht der Grund für die damalige Empörung, stellte Fontane die Näherin Lene Nimptsch moralisch dem Baron und Offizier Botho von Rienäcker überlegen dar.
"Irrungen, Wirrungen" mit einer weiblichen Stimme als Hörbuch zu veröffentlichen, stößt genau in die gleiche Kerbe. Zu Zeiten Fontanes wäre Sabine Falkenbergs Lesung wohl ein offener Affront gewesen. Heutzutage erscheint Fontanes Roman gelesen von einer Frau mehr als passend, zählt doch "Irrungen, Wirrungen" zu Fontanes Frauenromanen und die Näherin Lene Nimptsch als die eigentliche Hauptfigur. Die Geschichte treibt den gesellschaftlichen Fauxpas sogar noch auf die Spitze, indem Lene und Botho ihrer Beziehung entsagen und sich anderen Partnern zuwenden, mit denen sie zwar ein einigermaßen glückliches, aber kein erfülltes Leben führen.
Dem Druck gebeugt
Fontane selbst war die Einhaltung der sittlichen Moral wichtig, stellte aber auch ihre mitunter harten Konsequenzen heraus. Botho von Rienäcker merkt, dass er mit Lene in der Öffentlichkeit nicht so umgehen kann, wie er es gern möchte und wird von seiner Familie durch deren monetäre Probleme unter Druck gesetzt, reich zu heiraten. Lene hingegen sieht ihre gemeinsame Zukunft von Anfang an realistischer und zeigt sogar Verständnis, als Botho sich von ihr trennt. Sie verlässt den Stadtteil, in dem sie bisher gewohnt hat und verlobt sich.
Die Stimme der Geschichte
Der Roman enthält aber auch amüsierende Beobachtungen seiner Protagonisten und bietet Einblicke in das damalige Berliner Leben. Sabine Falkenberg liest Fontanes Roman deshalb mit einigem Augenzwinkern, so wie sicher auch Fontane seine Geschichte verstanden wissen wollte. Zwar setzt er den Berliner Dialekt in den Dialogen zurückhaltend ein, aber an Sabine Falkenbergs Lesung kann man unweigerlich erkennen, wo die Handlung spielt.
Sabine Falkenberg selbst ist vor allem auf der Bühne und vor der Kamera zu Hause. Ihre Stimme hat sie schon bedeutenden Schauspielerinnen wie Shirley McLaine, Penelope Cruz oder Helen Hunt geliehen. Für "Irrungen, Wirrungen" die perfekte Wahl.
Vorgestellt von Veit Ulrich, www.hr-online.de